
In JCO-Workshops gibt es oft die Annahme, dass fehlende Englischkenntnisse japanischer Kollegen das größte Hindernis für reibungslose Zusammenarbeit sind.
Das mag manchmal zutreffen – aber ein aktuelles Beispiel zeigt, dass Missverständnisse auch zwischen zwei nicht-japanischen Kollegen mit hervorragenden Englischkenntnissen vorkommen, obwohl wir es eigentlich besser wissen sollten.
Fallbeispiel: Ein Satz, zwei Bedeutungen
Der eine Kollege schrieb im Teams-Chat: “I guess you’re too busy to do the follow-up right?”
Was er eigentlich meinte, war “I guess you’re too busy to do the follow-up, right?” (Bitte Komma beachten...)
(im Sinne von „Stimmt das? Dann kann ich dich unterstützen und einige Aufgaben übernehmen – kein Problem.“)
Was ankam, war aber“I guess you’re too busy to do the follow-up correctly.”
(„Du machst deine Arbeit nicht richtig, du bist unfähig zum korrekten Follow-up.“)
Seine Kollegin war verständlicherweise verärgert, und es bedurfte einiger Zeit und Mühe, um das Missverständnis auszuräumen.
Gleiche Wortwahl, aber ein aus Zeitnot nicht gesetztes Komma macht den Unterschied!
Die erste Variante klingt wie ein freundliches Nachfragen. Die zweite wie eine Kritik an der Arbeitsweise.
Dieses Beispiel zeigt: Hier lag das Problem nicht an Sprachkenntnissen, sondern an Kontext, emotionalem Befinden und einem kleinen grammatikalischen Detail.
Warum passieren solche Missverständnisse?
- Fehlender Kontext in schnell hingeschriebenen Chats: Leser füllen Lücken mit eigenen Annahmen.
- Emotionale Belastung: An stressigen Tagen wird neutrale Sprache leicht als Kritik gelesen.
- Grammatische Feinheit: Ein fehlendes Komma, ein Fragezeichen oder ein kleines Wörtchen wie right verändert die Bedeutung stark.
Wie kann man so einen "Fail" vermeiden?
- Absicht klar ausdrücken: „Quick check—are you okay if I take over the follow-up?“
- Auch emotionale Komponente klar benennen: „No pressure—just coordinating.“
- Direkte, klare Sprache wählen: Besser Could you…? / Would you like me to…? statt indirekter Andeutungen.
- Auf Doppeldeutigkeit prüfen: Könnte die Nachricht aus Empfängersicht als Vorwurf verstanden werden? Falls ja: umformulieren.
Zusammenfassung
In globalen Teams sind fehlende englische Sprachkenntnisse nicht das einzige Hindernis – sondern auch falsche Satzzeichen können zum negativen Micro-Signal werden.
Ein einziges (fehlendes) Komma kann aus einer freundlichen Nachfrage einen Vorwurf machen. Aber mit Umsicht und zusätzlichen Klarstellung lässt sich die Beziehung schützen und die Zusammenarbeit stärken.
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