In vielen globalen Unternehmen wird das englische Wort Escalation häufig und ohne Zögern verwendet.
Für die meisten Manager bedeutet es, individuell Verantwortung zu übernehmen, wenn ein drängendes Problem den eigenen Zuständigkeitsbereich übersteigt. Man informiert die nächsthöhere Ebene, damit das Thema dort effizient gelöst werden kann. Escalation kann sich dabei sowohl auf geschäftliche als auch auf Personalthemen beziehen.
Aus japanischer Sicht wirkt dieselbe Vorgehensweise jedoch oft unpassend. Die japanische Geschäftskultur legt traditionell großen Wert auf Harmonie (和), Selbstkontrolle und Nemawashi, also den informellen Prozess, einen Konsens vorzubereiten, bevor formelle Schritte eingeleitet werden.
Interessanterweise gibt es im Japanischen kein direktes Äquivalent zum aktiven englischen Verb to escalate (wie in „Mr. A escalated the issue to HR“) – außer dem Lehnwort esukareshon / エスカレーション.
Stattdessen beschreibt man solche Situationen meist passiv:
- 発展する: „sich zu etwas entwickeln“
- 深刻化する: „negativ entwickeln/ernst werden“
- こじれる: „sich verschlechtern“
Sogar bei rechtlichen oder HR-Angelegenheiten drückt man es eher so aus:
問題が法的措置に発展した。 „Das Problem entwickelte sich so, dass juristisches Handeln nötig wurde.“
In vielen japanischen Organisationen wird das englische Wort Escalation außerdem in einem anderen Sinn verwendet:
Es bedeutet, dass eine Abteilung die Zentrale oder andere Bereiche über potenzielle Risiken informiert, die sich künftig ergeben könnten. Dieses Reporting erfolgt jedoch nicht durch eine Einzelperson, sondern im Namen des Teams um sicherzustellen, dass mögliche Probleme auf höherer Ebene frühzeitig erfasst werden können.
In diesem Sinne dient eine Escalation also eher als Frühwarnsystem.
Soll heißen:
Es gibt oft nicht eine Person, die eine Eskalation „vorantreibt“. Vielmehr entwickelt sich die Situation und idealerweise auch ihre Lösung durch interne Berichterstattung und Abstimmung von selbst.
Natürlich gibt es auch Fälle, in denen einzelne japanische Mitarbeitende ein Thema wie bei uns „offiziell eskalieren“. Dennoch spiegelt die japanische Sprache (siehe oben) eine Denkweise wider, die Ausdauer einfordert und kollektive Problemlösung bevorzugt. In globalen Organisationen kann dies jedoch ungewollt zu Verzögerungen führen:
Nicht-japanische Kollegen interpretieren Schweigen oft als mangelnde Verantwortungsübernahme von Entscheidungsträger/innen, während japanische Mitarbeitende damit Geduld und Respekt zeigen möchten.
Im globalen Kontext besteht die Herausforderung für japanische Fach- und Führungskräfte also darin, Harmonie und Verantwortungsbewusstsein miteinander zu verbinden.
In JCO Schulungen auf Japanisch erläutern wir immer, dass Escalation durch einzelne nicht auf Konfrontation abzielt – sondern darauf sicherzustellen, dass die richtigen Stakeholder/Abteilungen frühzeitig helfen können, bevor ein Problem größer wird.
Frühes Handeln ist kein Ausdruck von Schuldzuweisung, sondern steht für das Verantwortungsgefühl auf nicht-japanischer Seite.
Hier sind praktische Tipps von JCO-Experten aus verschiedenen Regionen für japanische Expatriates:
(hier auch auf der ganze Artikel auf Japanisch)
Olivier van Beneden (Managing Director JCO):
"Within Europe, there is a trend in more Egalitarian cultures (most Germanic and Scandinavian countries) to address those issue openly, based on facts, in a objective and calm way.
On the other hand, there is a tendency in more Hierarchical cultures (most Latin and Eastern European countries) to prefer an informal discussion respecting the hierarchical structure and communication channel of the organization.”
Saskia Rock (Managing Director JCO USA):
“In the U.S., escalation is often viewed as a hallmark of professionalism and accountability. It’s not about creating drama or shifting blame, it’s about ensuring that issues are addressed quickly and by the right people.
Especially in fast-paced or high-stakes environments, raising a flag early is seen as a strength, not a weakness. It signals that someone is paying attention, taking ownership, and protecting the broader team or business from unnecessary risk.
Escalation, in this context, is part of a culture that values transparency, speed, and clear lines of responsibility.”
Rie Ota (senior JCO trainer/consultant and APAC specialist):
“In many Asian cultures, preserving collective harmony is a fundamental social duty. Consequently, direct confrontation is typically bypassed in favor of engaging trusted senior figures to mediate conflicts and restore balance.
True leadership in APAC often means choosing quiet, respectful resolution over rapid escalation, which is key to maintaining relationships and face."
To learn about this and other topics why not attend one of the open workshops JCO runs all around the world!